Christl Wiegele 2014

Christl Wiegele

Geboren 1937 in Töbring bei Treffen, Österreich, verstorben im September 2020. Lebte in Radendorf (A). In ihrer künstlerischen Arbeit wurde sie sehr früh von ihrem Vater, dem Villacher Künstler LUWALL, sowie seinen mit ihm in engem Kontakt gestandenen Kollegen wie etwa Hans Staudacher oder Hans Bischoffshausen geprägt. Ab 1995 Unterricht u.a. bei Sigi Braun, Heribert Mader, Inge Peischl, Bernhard Vogel u. Wolfgang Wiesinger. Malreisen in die Toskana, auf Santorin, nach Kroatien und in Österreich.
2014 Aufnahme Kunstverein postWERK (A).

AUSSTELLUNGEN
Solo: Kulturhaus Afritz (A) | Schloss Albeck (A) | Schloss Finkenstein (A) | Klosterburg Arnoldstein (A) | Galerie Offenes Atelier D.U.Design Villach (A) etc.
Beteiligung an zahlreichen Gruppenausstellungen.

LAUDATIO zu ihrer Einzelausstellung 2017 in der Klosterruine Arnoldstein:

Christl Wiegele hat eher spät zur aktiven Malerei gefunden. Sie war allerdings bereits als Jugendliche eine begeisterte Zeichnerin und entwickelte gleichzeitig eine starke Beziehung zur Musik. Auch für Blumen, überhaupt die Natur, den Garten, hatte sie sehr großes Interesse und wollte ursprünglich Floristin werden. Aber es kam alles ganz anders.

Geboren wurde sie 1937 in Töbring bei Treffen – an dieser Stelle nochmals alles Gute zum 80er – als Tochter des in den 50er und 60er Jahren bekannten Malers LuWal, der im Berufsalltag Ludwig Wallner hieß und in Villach ein Frisörgeschäft besaß. So geschah es dann auch, dass sie auf Wunsch ihres Vaters eine Friseurlehre begann. Früh kam die kleine Christl aber auch mit der Malerei, der Kunst in Berührung, denn in ihrem Elternhaus verkehrten regelmäßig etwa Hans Staudacher, Hans Bischoffshausen und noch viele andere Koryphäen auf ihrem Gebiet.

Mit der Heirat des Villacher Autohändlers Franz Wiegele kam die Arbeit in der Firma – und mit den drei Kindern eine große Aufgabe in der Familie auf Christl zu. Alle drei Wiegele Kinder sind übrigens ebenso musisch begabt wie ihre Mutter. Durch die arbeitsreichen Jahre im Unternehmen und Kindererziehungszeiten konnte sie bereits mit 50 in die Rente gehen – aber von Altersruhe war da natürlich keine Rede – für sie begann ein völlig neuer Lebensabschnitt.

Schon früh hatte sie ihre Liebe zu den Blumen auch in der Kunst zum Ausdruck bringen wollen – nun konnte sie sich verstärkt der betörenden Schönheit in Form und Farbe widmen und diese auf Leinwand oder Papier bringen. Mit den alten Farben ihres Vaters begann sie 1995 zu aquarellieren – der Bann war gebrochen. Noch im selben Jahr besuchte sie ihren ersten Malkurs bei Bernhard Vogel im Burgenland. Es entstanden in der Folge viele Blumenbilder, erste Landschaften und Stadtansichten.

Bis etwa zum Jahr 2000 arbeitete Christl Wiegele fast ausschließlich in Auarelltechnik, holte sich aber, oft auch mehrmals im Jahr, in vielen Kursen das Rüstzeug dafür, ihre farbigen Blumenobjekte immer gekonnter und mit immer größerer Sicherheit aufs Papier zu setzen. Diese fachliche und anregende Weiterbildung sucht sie auch heute immer wieder. Das Aquarellieren war eine gute Schule! Es ist die unmittelbarste Maltechnik, und verzeiht keine Unsicherheiten und keine Fehler, weil ein Aquarell kaum zu korrigieren ist. Virtuos wandelt sie auf diesem glatten Parkett, wie ihre hier ausgestellten Aquarelle beim Eingang zeigen.

Bei zahlreichen namhafte Professorinnen und Professoren erwarb sie die nötigen Fertigkeiten für ihre stetige künstlerische Weiterentwicklung. Auch mit den Ölfarben des Vaters widmete sie sich dann den expressiveren Maltechniken, hier sehen wir das erste Ölbild aus dieser Zeit, eine zweiteilige Arbeit mit dem Titel NEW YORK. Professor Sigi Braun möchte ich an dieser Stelle extra erwähnen, zu dem sie auch heute noch immer wieder auf Malreise nach Bad Reichenhall fährt und den sie sehr schätzt. Auf zahlreich folgenden Malreisen praktizierte Christl Wiegele zunehmend die Acrylmalerei:  In der Toskana etwa, in Venedig, auf Santorin, in Kroatien oder in ferneren Gebieten wie Java, Indien oder Bali und natürlich auch an den verschiedenen Destinationen in Österreich. Auf vielen dieser Reisen war auch ihr Gatte mit dabei, der seine Frau in ihrem Schaffen immer unterstützte. Und wenn wir gerade beim Reisen sind: Eine Nepal-Reise hat Christl Wiegele für ihre Arbeit DAS TOR ZU TIBET inspiriert, in Nepal hat sich auch ihr Sohn eine Zeit lang aufgehalten.

So spricht ihr Gesamtwerk eigentlich immer auch ein klein wenig aus ihrem Leben. Offen sein für den Wandel, das ist ihr Wesen – und das sehen wir auch in ihren Bildern, wo sie alles bisher Erarbeitete zu ihrer speziellen Mischtechnik verschmelzen lässt. Mit Acrylfarbe, oft schichtweise aufgetragen, pastos, mit ungewohnten Malzusätzen und Pigmenten, ergänzt durch akzentuierende Collagenelemente fand sie zu einer vielseitigen abstrahierten Bildsprache.

Christl Wiegele macht sich trotz ihrer Jahre ständig auf zu Neuem. Ihr Schaffensdrang ist ungebrochen, als triebe sie der künstlerische Entwicklungsprozess dazu an, den späten Malbeginn damit wettzumachen. Aus ihren Arbeiten spricht Kraft, Vitalität und ein ständiger Umgang mit Veränderung. In unserem Kunstverein postWERK ist sie immer eine der Ersten, die sich mit den jeweiligen thematischen Vorschlägen auseinandersetzt und ihre persönliche Sichtweise darauf verbildlicht – etwa im vorigen Jahr mit der Arbeit VERLASSENE STADT, wo es um Fluchtursachen ging. ZAUN ZELT ZUKUNFT war unser Jahresthema – einfühlsam aufgegriffen auch und vor allem von Christl Wiegele.

Lassen sie mich zum Abschluss noch feststellen, dass die ernsthafte Beschäftigung mit jeglicher Kunst für uns alle immer auch eine Auseinandersetzung mit uns selbst ist, eine Auseinandersetzung mit dem Du, auch mit dem Fremden, mit dem nicht Vertrauten. Und diese Auseinandersetzungen sind in den heutigen Zeiten für uns alle eine absolute Notwendigkeit! Christl Wiegele, die heute in Radendorf lebt und arbeitet, stellt sich mit großer Leidenschaft dieser Maxime. Möge ihre Passion noch lange Triebfeder bleiben und ihre Kraft noch lange andauern – für solch ausdrucksstarke bildernische Relikte eines Lebens! Liebe Christl, vielen Dank dir und alles, alles Gute!
(postWERK, Barbara Ambrusch-Rapp)

(Abbildung: Christl Wiegele und ihre Kunst, Foto: Katharina Acht)